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Tägliches Glockenläuten für Ungarn

 

Vielerorts im christlichen Europa läuten mittags die Glocken. Wahrscheinlich ist hierzulande den Wenigsten bewusst, dass damit seit über 500 Jahren einem Sieg der Ungarn gedacht wird, mit dem Europa erfolgreich gegen einen Einfall der Osmanen verteidigt wurde.

 

Papst Kalixt der III. ließ das Mittagsgeläut 1456 einführen, seither gehört es beinahe überall in Europa zum Alltag. Nur mit dem ursprünglichen Andenken an den Sieg der Ungarn über die Truppen von Sultan Mehmet II. verbindet es wahrscheinlich kaum noch ein Europäer. Mehmet setzte nach der Eroberung Konstantinopels seinen Vormarsch ins Zentrum Europas fort. 1456 belagerten seine Truppen die damals ungarische Stadt Griechisch Weißenburg (altungarisch: Nándorfehérvár, slawisch: Belgrad). Doch den ungarischen Verteidigern Belgrads gelang ein Sieg über Mehmets Verbände.

 

Im Gegensatz zu den meisten anderen Europäern wissen viele Ungarn durchaus, warum mittags die Glocken läuten. So wie es wohl kaum einen Ungarn gibt, dem der Sieg Istvan Dobos‘ gegen die Türken in Eger 1552 unbekannt ist. Die Ungarn zahlten in den früheren Jahrhunderten für die Abwehr von Angriffen der Osmanen einen hohen Blutzoll, der immer noch im nationalen Gedächtnis ist. Dass viele Ungarn einen Abwehrreflex spüren, wenn es um die Aufnahme größerer Verbände jüngerer muslimischer Männer geht – letztlich liefe die von der EU angestrebte Umverteilung von Asylbewerbern und Zuwanderern darauf hinaus – hat deshalb oft mehr mit dem Mittagsgeläut, als mit dem im Westen als Populist geschmähten Viktor Orbán zu tun.

 

Das wissen viele Verantwortungsträger in den EU-Institutionen nicht. Dieses Nichtwissen kann man auch niemandem vorwerfen, Ignoranz hingegen schon. Denn die Frage, warum die Ostmitteleuropäer in, egal ob sie links oder rechts regiert werden, in massenhafter muslimischer Einwanderung schon eine Gefahr erkennen können, bevor man sie ausprobiert hat, wird ja oft gestellt. Im Westen versucht man sich die Probleme die schon entstanden sind hingegen schönzureden. Aber wer sich fragt, warum die da im Osten anders ticken, sollte auch offen für die Antworten sein.

 

Der EU-Generalanwalt fragt lieber nicht nach solchen Ursachen. Für die Antwort, die er brauchte, reichte es, eine Studie in Auftrag zu geben, nach der die Klagen der Slowakei und Ungarns gegen die Umverteilung von 120 000 Zuwanderern  abzuweisen sei. Mit dieser Studie glaubt Generalanwalt Yves Bot die Ungarn und Slowaken beeindrucken zu können. Das ist beinahe lächerlich, wenn es der europäische Spitzenjurist nicht ernst meinen würde.

Auch die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wonach die
Dublin-III-Regeln nach wie vor gelten und damit der Status der Zuwanderer, die verteilt werden sollen, nicht nur rechtlich völlig ungeklärt ist, sondern es sogar feststeht, dass sich diese Menschen weitgehend illegal dort aufhalten, wo sie sind, gibt der Slowakei und Ungarn recht.

Wohlmeinende Medienleute lasen aus der Entscheidung auch heraus, dass Angela Merkel so hätte handeln dürfen, wie sie es im September 2015 tat. Auch das ist witzig. Die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland hätte vor ihrem Ja zur Völkerwanderung das deutsche Parlament befragen müssen. Dieses hätte zumindest in einem Entschließungsantrag Farbe bekennen und den Handlungsspielraum aufzeigen müssen. Aber leider – ein Trauerspiel des deutschen Parlamentarismus – die Abgeordneten ließen diese Entmachtung und Umgehung des Bundestags nahezu widerspruchslos geschehen. Wie ist es um eine Demokratie bestellt, die nicht einmal mehr von bezahlten Mandatsträgern verteidigt wird? Gut dieser Bundestag ist ohnehin in wenigen Wochen Geschichte. Im Bundestagswahlkampf wird urplötzlich doch zaghaft über die Zuwanderer geredet, aber halt immer nur ein bisschen an der Oberfläche. Die neuralgischen Punkte, wie die konkreten Fehler 2015 und notwendige Maßnahmen zur Zuwanderungsregulierung bleiben ausgeklammert. Je mehr die Probleme unübersehbar werden, desto lauter wird „europäische Solidarität“ eingefordert, insbesondere von den Ost- und Ostmitteleuropäern. Doch wie soll eine europäische Solidarität bezüglich der Verteilung der Millionen unkontrolliert Zuwanderten organsiert werden, wenn die zur Solidarität Aufgeforderten vorher nicht  befragt wurden? Deutschland bestellt und die anderen sollen die deutsche Zeche mit bezahlen?
Wer das glaubt, der kann nur Wahlkampf. Das Erwachen wird hart ausfallen.

Zufällig komme ich gerade aus Ungarn zurück. Wir waren einige Tage bei Freunden zu Gast und konnten jede Menge interessante Gespräche führen.
Ungarn ist bunt, schwarze Niqabs und hellblaue Burkas fehlen einem da nicht, im Gegenteil. Ungarn ist so anziehend europäisch, wie es West-Europa und speziell West-Deutschland vor einiger Zeit für viele Mittel-Osteuropäer noch waren. Ich prophezeie einen Run auf Grundstücke und Eigentumswohnungen in den Visegradstaaten. Zumal die
Wirtschaftsdaten gedeihen. Und sollten die Österreicher Kern oder Kurz Erfolg haben, würde ich auch Österreich in diesen Sog mit einbeziehen.

Man möchte deprimierten Deutschen zurufen: Leute, geht in die Visegradstaaten und lebt euer europäisches Leben wie bisher! Lest alles, was im Westen über die Visegradstaaten geschrieben wird – aber hinterfragt es! Das verbale Verdreschen der Mittel-Ost-Euopäer bei gleichzeitiger Schonung der „alteingesessenen“ westeuropäischen Staaten, die ebenfalls keine Zuwanderer aufnehmen, ist so ungleichgewichtig wie dumm. Auch weckt es das Interesse an den Gescholtenen. Nicht die Visegradstaaten erodieren die EU, es sind die Junckers und Asselborns die das zuverlässig erledigen.
Wer Europa in einen besseren Zustand bringen will, darf aus Brüssel gern eine Clearingstelle aber nicht die Hauptstadt Europas machen. Europa hat seine Hauptstädte und nur über sie wird Europa funktionieren.
Wem der Brexit nicht reicht, der möge die Visegradstaaten ebenfalls rausekeln. Oder es auf den EUxit ankommen lassen: den Austritt aller anderen EU-Staaten mit alleinigem Verbleib Deutschlands und Luxemburgs in der EU.