· 

Erste Gedanken zur Nordstreampause und Aktualisierung

11. März 2023: n-tv "Russland hatte ein Motiv, Nord Stream zu zerstören"

------------------------------------------------------------------------------------------

 

Christian Müller/Gunter Weißgerber

Erste Gedanken vom 27. September 2022 zur Nordstreampause und Aktualiserung vom 1. März 2023

Für wen ist der Anschlag auf Nordstream am nützlichsten?

 

Die Ukraine hat einen Krieg zu führen und andere logistische Sorgen, als Froschmänner oder      Mini-U-Boote in die Ostsee zu schicken (falls überhaupt verfügbar).

 

Die USA wollen die NATO-Erweiterung in Nordeuropa nicht gefährden. Der Anschlag erfolgte in Nähe der schwedischen Hoheitsgewässer. Schweden ist noch nicht in der NATO. Ein Nato- oder US-Angriff auf Nordstream würde die innerschwedische Diskussion beschweren.

 

Deutschland ist es bestimmt auch nicht gewesen.

 

Putin lässt Gas im Raum Petersburg in der Luft verbrennen, da ist doch eine Aktion Bornholm viel vorteilhafter, weil man alle Gegner beschuldigen kann und das Gas trotzdem loswird. Die Angst vor dem Gasaustritt dürfte in der Gegend Schweden-Dänemark-Angstdeutschland am wirkungsvollsten sein.

 

Polen erhält einen Denkzettel: Wenn wir wollen, steht ihr ohne Gas da. Auch ist die neue polnische Pipeline nun auch gefährdet. Putin könnte behaupten, wie ihr mir bei Nordstream, so ich euch mit der Baltic Pipe.

 

Europa steht noch stärker auf dem Schlauch, weil auch über die anderen Pipes nix kommen wird. Also: Gaspreis steigt, das ist für Putler nützlich. Im Zusammenhang mit dem Einleitungsstopp in die ukrainische Pipeline ist der Gaspreis wieder rasant gestiegen, was vor allem den Europäern erhebliche Probleme bereitet. Die Amerikaner haben kein Interesse an geschwächten Bündnispartnern.  

 

Der Gedanke an false flag der Russen leuchtet mir stärker ein. Die sind Nutznießer der EU-inneren Verunsicherung. Außerdem bekommen wir in der Ostsee für einige Zeit ein Bermuda-Dreieck, weil Schiffe, die in das aufsteigende Methan geraten, sinken können.

 

Im Übrigen ist bei Hören oder Sehen von Leitungsprojekten von Nordafrika nach Europa immer Lächeln angesagt. Wer will diese extrem langen Leitungen und vor allem wie schützen – in instabilen Regionen (IS, Al-Qaida usw.)?


Aktualisierung 01. März 2023 - ein FB-Fund:

Ralf Möhring hat einen – wie mir scheint – ausgezeichneten Kommentar zum Nord-Stream-Break und damit verbundenen möglichen Interessen Ru-ZZ-lands geschrieben. Ich denke, man sollte seinen Text verbreiten:
 
Der Fall Nord Stream zeigt, wie kurz doch das Gedächtnis mancher Zeitgenossen ist. Vor allem jener, die sich darauf versteifen, die USA hätten die Pipeline gesprengt. Viel näher liegt aber eine Motivation Russlands, diese Pipeline in die Luft gejagt zu haben. Dies würde eigentlich auffallen, wenn man sich nur an Dinge erinnert, die gerade mal ein halbes Jahr zurückliegen.
 
Nord Stream 2, gegen die Präsident Biden gewettert hat, hatte in Deutschland nie eine Zertifizierung erlangt. Diese Leitung war also aus rechtlichen Gründen tot. Einen Grund, diese Leitung in Betrieb zu nehmen, hätte auf deutscher Seite nur im Falle eines extremen Gasmangels bestanden. Der drohte allerdings nie.
Deutschlands Kapazitäten, um Gas aus anderen Quellen zu beziehen, sind zu umfangreich, als dass eine echte Gasmangellage drohen würde. Das habe ich 2022 immer wieder betont, weil ich diesen Punkt auf Grundlage öffentlich zugänglicher Quellen nachgerechnet hatte. Entgegnet wurde dann immer mit Glaubensbekenntnissen und »wir werden ja sehen...«
 
Nun, jetzt sehen wir es. Mitte Februar, gegen Ende der Heizsaison sind bei einem Winter, der im 10-Jahres-Vergleich etwa durchschnittlich war, unsere Gasspeicher noch zu 75 % gefüllt. Bei Gaspreisen übrigens, die noch unter dem Vorkriegsniveau sind. Seltsamerweise ist aber keiner der Gaspaniker irgendwie zurückgerudert, sondern man tut weiterhin so, als wären wir wirtschaftlich auf russisches Gas angewiesen (das übrigens gar nicht besonders billig war).
 
Die »Gaspanik« von 2022 war künstlich herbeigeführt worden, u. a. weil sie den meisten Akteuren in den Kram passte. Den Grünen, um Energiesparsamkeit zu propagieren, den Planwirtschaftsfreunden allgemein, weil sie eine Staatsbewirtschaftung von Erdgas aphrodisierend finden, den Russlandfreunden um einen Vorwand für einen Canossa-Gang nach Moskau zu haben, dem einen oder anderen Lobbyisten, um noch durch Panikkäufe einen Reibach zu machen.
Rational war russisches Gas für uns aber seit Kriegsbeginn ersetzbar. Nicht ganz ohne Mühe, aber mit Hindernissen, die Deutschland auch kurzfristig gut meistern konnte. Wäre es anders, würden unsere Gasspeicher im Hier und Jetzt nicht so prall gefüllt sein, während noch volle LNG-Frachter der Spekulanten vor Europas LNG-Terminals kreuzen und auf höhere Preise warten.
 
Wenn aber der extreme Gasmangel nicht drohte (und meine Analyse ist kein Jahrhundertwerk; die Analysten von Bundesregierung, Gazprom, Kreml und CIA dürften sehr ähnliche Ergebnisse abgeliefert haben), dann war es aussichtslos, dass Deutschland Nord Stream 2 jemals in Betrieb nehmen oder auf Knien um russisches Gas betteln würde.
 
Für den reduzierten Gasimport Deutschlands, auf den wir notfalls auch ganz verzichten konnten, wäre übrigens alleine die erdgebundene Trasse über Weißrussland ausreichend.
Warum also sollten die Amis eine Pipeline sprengen, wenn diese Pipeline für die bestehenden Gasgeschäfte Russlands irrelevant ist? Das ergibt keinen Sinn.
Einen Sinn ergibt aber etwas anderes: Russland hatte schon vor dem Ukraine-Krieg mehrfach die vertraglich zugesagten Einspeisemengen unterschritten und dafür Konventionalstrafe blechen müssen.
Der einzige Grund, warum Russland die Einspeisemengen unterschreiten würde, besteht in Russland selbst. Schon vor dem Ukrainekrieg gab es im russischen Pipeline-Netz durchaus technische Probleme, die sich auch in auffallend niedrigen Gasvorräten in Russland selbst und dem Ausfall einer großen Kompressor-Station niederschlugen (1).
 
Jetzt hat das russische Pipeline-Netz aber eine lustige Eigenschaft: Es kann nach Verhängung der westlichen Sanktionen nicht mehr besser werden, egal was Russland tut. Die gesamte Pipeline-Technik ist nämlich in westlicher Hand und fällt unter die Sanktionen. Ersatz aus China gibt es nicht und schmuggeln kann man maßgeschneiderte Lösungen auch nicht. Man könnte also den begründeten Verdacht haben, dass Russland, so lange die Sanktionen bestehen bleiben, seine Lieferverträge gar nicht einhalten konnte. Dafür wird dann Konventionalstrafe fällig, außer bei »höherer Gewalt«, etwa einem ungeklärten Anschlag.
Und nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass Russland das Narrativ fährt, die Sanktionen würden Russland nichts anhaben. Dies ist insofern unplausibel, weil ein Staat, der von Öl und Gas lebt, immer davon getroffen wird, wenn es keine Ersatzteile mehr für Pipelines gibt. Aber eine Nichterfüllung von Lieferzusagen wegen solcher Probleme würde die Schwäche Russlands und den ökonomischen Blattschuss durch die westlichen Sanktionen offensichtlich werden lassen.
Und genau dafür haben wir recht deutliche Hinweise: Im Sommer wurde Nord Stream wartungsbedingt für einige Wochen stillgelegt, wie eigentlich jeden Sommer. Dabei wurde eine Turbine zu Wartungszwecken nach Kanada gebracht, aber sanktionsbedingt nicht wieder nach Russland geschickt (2).
 
Scholz persönlich intervenierte, bis die Kanadier die Turbine zwar nicht nach Russland, aber nach Deutschland lieferten (3).
 
Interessanterweise wollten die Russen diese Turbine dann aber nicht mehr ins eigene Land holen (4). Ebenso wurden technische Probleme mit einer Verdichterstation vorgeschoben, weswegen Nord Stream kein Gas liefern könnte. Gründe, die laut der Hersteller-Firma Siemens keine Abschaltung der Pipeline rechtfertigen konnten(5)(6).
Dmitri Medwedew begründete die Abschaltung schließlich mit der feindlichen Haltung der Bundesregierung.(7)
 
Sprich: Die Russen suchten einen Vorwand, Nord Stream 1 nicht in Betrieb zu nehmen, so lange die Sanktionen in Kraft sind. Warum eigentlich? Dass sie Deutschland damit kaum treffen, war auch den Russen bekannt. Deren Analysten sind nicht schlechter als ich. Aber wenn man gar nicht liefern kann, weil das eigene Pipeline-Netz im russischen Kernland Ersatzteile braucht, die aufgrund von Sanktionen nicht verfügbar sind, dann ergibt das plötzlich Sinn!
 
Nein, ich habe keinen Beweis für eine russische Täterschaft. Auch ich präsentiere hier nur eine Theorie. Aber mit einer Indizienkette, die stärker ist, als die für die These Seymour Hershs.
 
Russland suchte im Sommer 2022 krampfhaft nach Gründen, Nord Stream 1 nicht zu betreiben, obwohl es wusste, dass es Deutschland damit gar nicht empfindlich treffen konnte. Die naheliegendste Erklärung dafür ist: Russland konnte gar nicht liefern, weil westliche Teile fehlen. Da unter Aufrechterhaltung der westlichen Sanktionen, die Russlands Energiewirtschaft einen Blattschuss verpasst haben, auch gar keine Liefermöglichkeit entstehen wird, konnte man die Zeit nicht ewig ziehen. Früher oder später musste diese Pipeline zerstört werden, da sonst reputationsgefährdende Konventionalstrafen fällig werden. Wenn man nicht liefern kann, ist die Pipeline für Russland übrigens ohnehin wertlos. Insofern sprach nichts dagegen, diese Pipeline zu zerstören.
 



Siehe auch Annette Heinisch: Faktencheck Nordstream

 -------------------------------------------------------------------------------------
„Es sieht danach aus, dass das Gasleck an Nord Stream 2 nicht
beabsichtigt gewesen ist“ - Die Welt 03.03.3023
"Vor einigen Wochen konnte der Datenanalyst Oliver Alexander zeigen, warum die Nord-
Stream-Recherche des Investigativ-Stars Seymour Hersh auf Sand gebaut war. Im
WELT-Interview erklärt er nun, warum Russland kein Motiv hat, Nord Stream 2 zu
sprengen aber hinter dem Anschlag auf Nord Stream 1 stecken könnte...."

Siehe https://www.welt.de/politik/deutschland/plus244059963/Pipeline-Anschlag-Es-sieht-danach-aus-dass-das-Gasleck-an-Nord-Stream-2-nicht-beabsichtigt-gewesen-ist.html



 

----------------------------------------
Nun also die Ukraine?
Nur gut, dass die ukrainischen Russen/ russischen Ukrainer einige Krümel Sprengstoff auf dem Tisch liegen liessen…
Und gut zu wissen, wie wenig es braucht, so etwas zu stemmen.
Lasst uns eine Jacht mieten, der Rest ist Pillepalle🤣

"In Rostock brach die Sabotage-Jacht zu ihrer Nordstream-Mission auf"; Focus, 087.03.2023


----------------------------------------------------
11. Oktober 2023 Balticconnector
Der Angriff auf die Balticconnector-Gaspipeline im Golf von Finnland

Albrecht Kolthoff:
Zufälle gibt es im Leben, man hält es nicht für möglich. Da gibt es also dieses russische Spezialschiff namens "Sibirjakow", das in der Lage sein soll, Unterwasserfahrzeuge einzusetzen. Und dieses Schiff war rein zufällig im letzten Jahr an der Stelle, wo dann die Nord Stream-Pipelines explodierten. Jetzt hat sich dieses "Forschungsschiff" Mitte September an dem Ort der jetzigen Explosion aufgehalten, und zwar an der Stelle, wo Nord Stream und Balticconnector-Gaspipeline sich unter Wasser kreuzen.


Erstaunliche Zufälle, in der Tat!

"Der Ausfall der Balticconnector-Gaspipeline im Golf von Finnland könnte durch eine Explosion verursacht worden sein. Darauf deutet ein Bericht des norwegischen seismologischen Instituts Norsar hin, den dieses am Dienstagabend veröffentlichte. Demnach gab es um kurz vor zwei Uhr in der Nacht von Samstag auf Sonntag, dem Zeitpunkt des Ausfalls der Pipeline also, eine mögliche Explosion etwa 40 Kilometer nördlich des estnischen Paldiski und damit an der Stelle, an der die Pipeline verläuft. Dem Institut zufolge handelt es sich überdies um eine Stelle, an der die estnisch-finnische Balticconnector-Pipeline die von Ost nach West verlaufende Nord-Stream-Pipelines kreuzt. Die Magnitude des Ereignisses habe 1.0 betragen, was deutlich weniger gewesen sei als bei den Explosionen der Nord-Stream-Pipelines, so das Institut. Estnische Seismologen hatten zuvor angegeben, ihnen lägen keine Hinweise auf eine Explosion vor.

Die Zeitung „Iltalehti“ hatte am Dienstag unter Berufung auf einen polnischen Verteidigungsfachmann berichtet, das „Forschungsschiff“ Sibirjakow der russischen Ostseeflotte habe sich an der Stelle des Schadens im Golf von Finnland Mitte September aufgehalten. Demnach handelt es sich um just jenes Schiff, das sich zuvor auch in der Nähe jener Stellen aufgehalten haben soll, an denen im Herbst 2022 die Nord-Stream-Pipelines explodiert waren. Es soll in der Lage sein, Unterwasserfahrzeuge einzusetzen."