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Ausschussbesetzungen im Deutschen Bundestag – eine heuchlerische Posse

Ausschussbesetzungen im Deutschen Bundestag – eine heuchlerische Posse

„AfD soll Kulturausschuss nicht leiten dürfen“

„So sind die parlamentarischen Regeln, sie haben sich bewährt. Eine '
Lex PDS' kann, darf und wird es nicht geben. Die Demokratie hält das aus. Wir setzen uns im Plenum und in den Ausschüssen mit den Ewiggestrigen auseinander.“

Das war die Argumentation unserer westdeutschen Kollegen, wenn es nach dem 3. Oktober 1990 um die Thematik Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages und SED/PDS ging. Es war einleuchtend. Die demokratischen Grundsätze seit der Paulskirchenverfassung sind Teil der Genetik der parlamentarischen Demokratie, die ich aus tiefstem Herzen ob ihrer historisch gewachsenen Klugheit bewundere.

Mit der PDS wollte ich nicht zusammenarbeiten, deren Anwesenheit im Bundestag infolge freier Wahlen akzeptierte ich selbstverständlich von Beginn an. Lieber wäre es mir gewesen, Lenins Sympathisanten wären nie hinein gewählt worden. Klar! Aber das Wahlergebnis nicht zu  akzeptieren, das wäre mir nicht in den Sinn gekommen. So wie ich auch das Demonstrationsrecht nur für alle und nicht nur für einige akzeptiere. 1989 war das Teil der Genetik der Friedlichen Revolution. Davon ist seitdem  so manches verloren gegangen.

Der Eindruck, dass die Bundesrepublik inzwischen näher an Rosa Luxemburgs  enger Sicht, die die Freiheit Andersdenkender nur innerhalb ihres politischen Milieus einforderte und mitnichten die allgemeine Freiheit aller unterschiedlich Denkenden meinte, ist seit geraumer Zeit beklemmend. Die Wahlergebnisse für die AfD haben auch damit zu tun. Machen wir uns nichts vor.
Und wird das Spiel so weitergetrieben, wie es im Moment mit Hinblick auf die Ausschussbesetzungen im Bundestag vorgespielt wird, dann kann sich die AfD nur freuen und auf baldige Neuwahlen genüsslich warten. Ansonsten gilt, die nächsten regulären Wahlen kommen ohnehin und bis zur Bundestagwahl 2021 in gewohnter großer Zahl.

Der Deutsche Bundestag änderte,  wie bereits beschrieben,  wegen der SED-Nachfolger zu keinem Zeitpunkt seine Geschäftsordnung. Aus guten Gründen, die mir nie schmeckten, die ich aber immer akzeptierte. Es gab nie eine Diskussion über Ausschussvorsitzende für Linksaußen. Die waren nach den gewachsenen Regeln der Demokratie gesetzt. Auch die Drohung, dass die PDS 1994 mit Stefan Heym den Jahrgangsältesten in den Bundestag entsenden würde, führte nicht einmal bei der CSU zu Bestrebungen, die Regeln bezüglich des Alterspräsidenten ändern zu wollen. „Die paar Minuten Sozialismus da vorn, die halten wir aus“, so war damals nicht nur meine Position.

2013 wurde mit Gesine Lötzsch eine Frau zur Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gewählt, die dem Kommunismus noch zwei Jahre vorher Wege (siehe auch Seeheimer Oberbayern) bereiten wollte.
Kommunismus und Nationalsozialismus haben beide zig Millionen Tote zu verantworten, beide stehen für Anti-Demokratie und Totalitarismus,  und dennoch wurde Lötzsch gemäß der Bundestagsregeln, wonach die stärkste Oppositionsfraktion den Vorsitz im Haushaltsausschuss stellt, gewählt.

Auch ich schrieb damals an die SPD-Haushaltsausschussmitglieder Kahrs und Schneider, wegen Lötzsch dürfen die Regeln nicht geändert werden. Die Regeln sind klug gewachsen und sie stärken die Demokratie, machen sie für alle akzeptabler. Die Achtung der eigenen Regeln bedeutete jedoch nicht, dass Linksaußen nun plötzlich Partner der Parteien des Verfassungsbogens sein könne.
In diesem Sinn schrieb ich damals an meinen ehemaligen SPD-Kollegen.

Umso erstaunter bin ich jetzt, dass all das liberale Gerede vieler Ex-Kollegen nur hinsichtlich Linksaußen galt. Rosa Luxemburg lässt grüßen! Das ist peinlich und ich prophezeie, die hässliche und doch gewählte AfD wird dann in Karlsruhe obsiegen. Die Ohrfeige für die anderen Bundestagparteien wird starken Nachhall in den kommenden Wahlergebnissen erfahren.

 Wollt Ihr das wirklich, verehrte ehemalige Kollegen? Tatsächlich nichts gelernt aus der Wahl vom 24. September 2017? Ihr stärkt die Gaulands, Höckes und Weidels, merkt Ihr das wirklich nicht?

Verhaltet Euch nicht wie hysterisch Ertrinkende! Die Demokratie ist stärker,  und Ihr könntet es auch sein, wenn Ihr klugen Kopf bewahrt. „Angst essen Seele auf“, so kommt mir das momentan irgendwie vor.


Anders verhält es sich, wenn es um konkrete AfD-Politiker für konkrete Besetzungen geht. Die Bundestagsmehrheit muss zwar AfD-Ausschussvorsitze akzeptieren, nicht aber jeden konkreten AfD-Personalvorschlag.  Hier muss die AfD Abgeordnete vorschlagen, die sie auch mehrheitlich "durchbekommt". Auch die AfD muss das Regelwerk achten.