

Annette Heinisch
Wir leben in satanischen Zeiten, in denen Gut und Böse die Seiten getauscht haben. Böses ist gut und Gutes böse. Illusion hat die Wahrheit ersetzt, Propaganda den Diskurs.
Wurden Frauen früher vor gewalttätigen Männern geschützt, dürfen nun Vergewaltiger sogar ins Frauenhaus, weil sie sich bekanntlich in einer Gesellschaft, die das Motto “Follow the science” verklärt, zur Frau erklären können. Das aber kümmert keinen, der Aufschrei kommt erst dann, wenn sich ein Rechtsextremist zur Frau erklärt, um damit ins vergleichsweise angenehme Frauengefängnis zu kommen.
How dare he! Ein Rechtsextremer, der linkes Gedankengut nutzt? So war das aber nicht gemeint! Ein Weltbild bricht zusammen.
Dazu las ich folgenden bedenkswerten Kommentar: “Zorn ist fehl am Platz. Richtig wäre intellektuelles Mitleid. Denn diese Menschen glauben (!) regelrecht an ihre Sachen, und wenn etwas damit schief geht, kann nicht der Glaube falsch gewesen sein, sondern dann wird irgendeine Ausrede gesucht. Auch wenn die im Selbstwiderspruch endet. Egal. Getreu dem Schema: Wind und Sonne schicken keine Rechnung. Und Flüchtlingen gegenüber zeigt man natürlich ein freundliches Gesicht! Alles andere ist für diese Menschen nicht denkbar. Buchstäblich nicht denkbar.” Außer natürlich, die Tagesschau, die Kanzel der Neuzeit, sagt etwas anderes.
Das ist der Punkt: Es handelt sich um Glaubensfragen.
Früher hat man obskure Sekten eher scheel angesehen, Beratungsstellen installiert oder ggf. die Polizei informiert. Manchen der besonders geistig Verwirrten ließ man medizinische Hilfe zukommen. Heute ist das anders, die Sektierer sitzen im Parlament. Nehmen wir als Beispiel die neu nachgerückte Bundestagsabgeordnete der Linken, Lin Lindner:
"Ich bringe aggressives Kerosin in meim Kanister TERFS kriegen von mir gar nix außer Mittelfinger Es gibt endlich auf die Fresse das geschieht euch Recht Ich und meine trans* cuties feiern heut ein Fest"
Es ist ja nicht nur so, dass ich mich von diesem Geschöpft nicht vertreten sehe. Dass muss man hinnehmen. Was aber wirklich eine Zumutung ist, dass sich ein durchschnittlich intelligenter, gebildeter und tüchtiger Bürger von solchen Leuten vorschreiben lassen muss, was er zu tun hat. Deutlicher kann man die normalen Bürgern entgegengebrachte Verachtung nicht demonstrieren.
Bei diesem “liberal mind virus” geht es jedoch keineswegs nur um die Überwindung der Biologie kraft des Glaubens. Links – liberal ist für viele eine weitgehende Glaubensüberzeugung. Das heißt, man glaubt an eine “Menschheitsfamilie”, Gewissen und Mitgefühl. Man meint, sich um Benachteiligte kümmern, sich gegen Machtmissbrauch und Unterdrückung wehren, dem Selbstbestimmungsrecht einen hohen Stellenwert einzuräumen zu müssen. Das alles sind gute Dinge und daher ist der gut, der daran glaubt.
Die britische Journalistin und Autorin Melanie Phillips hat diese Überzeugung sehr anschaulich dargestellt und damit erklärt, warum das linke Spektrum auf der Seite der “Palästinenser” steht. Nach links – liberaler Ansicht sind diese ein von Israel unterdrücktes Volk. Israel hat ihnen das Land genommen und unterdrückt sie. Die “Palästinser” sind die Opfer. Dass das alles eine Lüge ist, ist dabei unerheblich.
Der 07. Oktober 2023 zeigte nun, dass die angeblichen Opfer tatsächlich die Täter waren und auf unvorstellbar grausame Weise vorgingen. Die armen Unterdrückten entpuppten sich als brutale Wilde. Auch hier drohte ein Weltbild zusammenzubrechen.
Was passiert, wenn sich die Sache, die man unterstützt, weil man sie für gut hält, als das Böse herausstellt? Das hieße ja, man wäre selbst böse!
Das aber wäre unerträglich! Man muss das Selbstbild um jeden Preis schützen, also was macht man: Man wehrt die Kritik ab, indem man sie umkehrt. Man beschuldigt die Opfer genau das zu tun, was ihnen tatsächlich zuvor angetan wurde. Es ist eine Form der Projektion. Israel wird des Genozids und der Vertreibung beschuldigt, sogar Nazis sollen sie sein. Also alles das, was “die Palästinenser” tatsächlich wollen oder sind.
Phillips hält das nicht lediglich für Beleidigungen, sondern für gezielte Umkehrung von Gut und Böse, damit die Linksliberalen frei sind, auf ihrem Weg weiterzugehen.
Dieses sind nur zwei Beispiele, man könnte die Liste endlos fortsetzen. Sie reichen aber, um Verhaltensmuster aufzuzeigen.
Verhaltensmuster I
Zum einen ist erkennbar, dass es sich stets um Glaubensgrundsätze handelt, welche eine grundlegende Orientierung vermitteln. Dass und warum ein Staat ohne derartige Glaubensgrundsätze nicht geführt werden kann, habe ich in meinem Teil des Buches “Der Moderne Staat”, welches ich zusammen mit Arnold Vaatz und Gunter Weißgerber schrieb, erklärt. Ein Aspekt ist, dass kein Staat ohne eine gemeinsame grundlegende Überzeugung von dem, was als gut/richtig und böse/falsch anzuerkennen ist, auskommt. Diese Orientierung, quasi ein Wertekompass, ist unerlässlich. Werte und Wissen ergänzen sich; der Gedanke, dass man allein mit Vernunft und Wissenschaft, also ohne gemeinsame Moralvorstellungen einen Staat führen kann, hat sich als falsch erwiesen.
Die Totalitarismusforschung des letzten Jahrhunderts hatte bereits herausgefunden, dass politische Ideologien wie Sozialismus, Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus insoweit als Religionsersatz dienen. Sie wurden bereits damals als säkulare, politische Religionen erkannt. Folgerungen wurden daraus allerdings nicht gezogen.
Gleiches erleben wir auch derzeit wieder. Neue säkulare Religionen, die mindestens ebenso totalitär sind wie die alten, haben den politische Raum erobert.
Aus meiner Sicht ist sehr erfreulich, dass diese Problematik zunehmend erkannt wird, denn sie betrifft ein Grundproblem westlicher Staaten: Der aufgeklärte Staat mit Trennung von Kirche und Staat, allein der Vernunft gehorchend (so das theoretische Ideal), funktioniert erwiesenermaßen nicht.
Wichtig ist: Wie geht es besser?
Verhaltensmuster II
Zum anderen lernt man als Anwalt schnell, dass das, was die Gegenseite unterstellt, dem entspricht, wie sie selbst agiert. “Man schließt von sich auf andere”, das ist in vielen Fällen so. Insofern empören mich Unterstellungen nicht, im Gegenteil: Diese sind hilfreich, weil man mehr über die Gegenseite erfährt als dieser lieb sein kann.
Hin und wieder genieße ich den zweifelhaften Vorzug, an Fällen beteiligt zu sein, die politische Bezüge haben. Diese Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass die Sachebene verlassen wird und ich direkt als Person angegriffen werde.
In der Politik geht es um Führung. Dafür bedarf es eines Menschen, der einen gewissen Nimbus haben muss, sonst klappt Führung nicht. Zerstört man die Integrität und das Ansehen durch Diffamierung, dann ist der Gegner zerstört. Diese Methode wird dann in den Gerichtssaal übertragen.
Aus dem publizistischen Bereich kenne ich das schon länger. Abgesehen davon, dass ich “Leugner” in allen Variationen sein soll, werde ich sowohl als Nazi wie auch als Judensau beschimpft. Ich soll einerseits “Kriegstreiber” sein und andererseits alles nur moralisierend sehen. Damit soll ich dann in die “Grünen – Schublade” gesteckt werden.
Derartiges ist aber – wie Phillips richtig bemerkt hat – mehr als nur unflätiges Benehmen. Die Idee der Aufklärung, dass man nur genug erklären oder Beweise vorbringen müsse, ist schlicht falsch. Bildung entstammt diesem Ideal der Vernunft, die “neutralen, objektiven Informationen” der Presse, die Verlautbarungen von Regierungen: Alles das ist Ausfluss des Irrtums, dass erklären und beweisen hilft.
Bei quasi religiösen Überzeugungen klappt das aber nicht. Im Gegenteil: Das Gehirn behandelt Angriffe auf das grundlegende Wertegerüst wie physische Bedrohungen. Logik löst Abwehr aus, nicht Aufklärung. Wenn die Amygdala mit Fakten konfrontiert wird, die grundlegende Überzeugungen in Frage stellen, aktiviert sie die gleiche Reaktion wie bei der Konfrontation mit einem Raubtier. Die „Beweise“ fühlen sich buchstäblich wie ein Angriff an. Sie werden abgewehrt und Gegenschläge initiiert. Genau das kann man täglich erleben.
Die einzige Lösung ist, eine besseres Weltbild zu präsentieren, eine bessere “Religion”, mit der man sich identifizieren kann. Genau hier, in der Erkenntnis dessen, was falsch läuft, dem Mut, sich der Erkenntnis zu stellen und das Wissen umzusetzen, wie es besser gehen könnte, liegt eine glückliche und erfolgreiche Zukunft. Denn sie ist möglich!
Der Westen wurde so einzigartig erfolgreich, weil die Menschen gerade nicht dumm sind. Sie sind lernfähig, genau das haben sie immer und immer wieder unter Beweis gestellt.